Nationalpark Prokletije
Der Nationalpark Prokletije ist der jüngste im Bunde der montenegrinischen Nationalparks, der erst im Jahre 2009 gegründet wurde. Er liegt im Grenzgebiet von Montenegro mit Albanien und dem Kosovo im äußersten Süden der Gebirgskette der Dinariden. Die benachbarten Gemeinden Plav und Gusinje bilden die besten Zugangsorte zum 16.630 Hektar großen Park.
Die Landschaft des Nationalparks ist wild zerklüftet, mit tiefen Schluchten, steilen Berghängen, tief eingeschnittenen Flusstälern und Berggipfeln mit über 2.500 m Höhe.
Der Park hat viele größere und kleinere Wasserläufe, Schicht- und Karstquellen mit Süß- und auch mit stark mineralhaltigem Quellwasser, schäumende Bäche und kristallklare Gletscherseen. Der bekannteste unter den Gletscherseen ist der Hridsko See, der gleichzeitig als der schönste See im Park gilt.
Die Abgelegenheit des Parks und die dünne Besiedlungsdichte der Region haben dieses Juwel der Hochgebirgsbiodiversität bis heute erhalten. Im Park findet man verschiedene Waldökosystemen mit Laub- und Nadelbäumen, sowie typische Berg- und Hochgebirgswälder mit eingeschlossenen Wiesengebieten, die teilweise von den Katuns aus beweidet werden.
Wem der Durmitor-Nationalpark während der Hauptsaison zu “überlaufen” erscheint, dem wird es hier gefallen.
Besonders hervorzuhebende Sehenswürdigkeiten im Park sind der See Hridsko und der Volusnica Berggipfel am Rande des Grebaje Tals – beide das Ziel lohnenswerter Wanderungen.
Natur
Flora
Der montenegrinische Teil von Prokletije zeigt viele Merkmale der mitteleuropäischen Flora, versetzt mit einem beträchtlichen Anteil an arktisch-alpinen bis hin zu submediterranen Elementen. Viele Pflanzenarten sind endemisch, Relikte oder zumindest sehr selten. Für die Bergbauern von Bedeutung sind die vielen Heilpflanzen, die man auf den Bergweiden findet.
Obwohl das Parkgebiet noch gar nicht zur Gänze erforscht und pflanzengeographisch kartiert ist, sind jetzt schon über 1.700 Pflanzenarten im Park bekannt, was ungefähr der Hälfte aller montenegrinischen Pflanzenarten, oder etwa 1/5 der gesamten Balkanflora entspricht.
Die Unzugänglichkeit des Geländes ist der Hauptgrund dafür, dass einige Arten erhalten und sogar erst vor kurzem entdeckt wurden.
Fauna
Etwa 60 endemische Insektenarten und etwa 130 Schmetterlingsarten wurden im Park bereits gefunden. Außerdem gilt er als bedeutendes Zentrum der Herpetofauna (Amphibien und Reptilien). Vierzig Arten von Amphibien und Reptilien wurden bisher im weiteren Prokletije-Gebiet registriert, neun davon sind endemisch, d.h. sie kommen nur hier vor. Am äußersten südöstlichen Teils des Prokletije-Massivs wurde der Alpensalamander (Salamandra atra) entdeckt, der national und international geschützt ist. Im Bereich des Hridsko Sees findet man die seltenen Art der lebendgebärenden Waldeidechse (Lacerta vivipara).
Die Fischfauna besteht aus einheimischen Arten wie der Bachforelle, der europäische Groppe, Äschen, Huchen, Döbel, Neunauge, etc.
Im Prokletje Nationalpark wurden 161 Vogelarten registriert. Ihre Lebensräume sind die Bergregionen, die Täler von Ropojane und Grebaje, die veschiedenen Waldökosysteme, sowie die Bergseen und Bäche. Die wichtigsten Vogelarten darunter sind der Graureiher, der gemeine Löffler, die Krickente, der Bartgeier, der Gänsegeier, der Schlangenadler, der Nördliche Habicht, der gewöhnliche Bussard, der eurasische Sperlingsfalke, der eurasische Goldadler, das Haselhuhn, der Kreuzschnabel, etc.
Es gibt zahlreiche Arten von Fledermäusen und Nagetieren im Park, sowie eine stattliche Anzahl Säugetiere wie der Wolf, der eindrucksvolle Braunbär, die Wildkatze, Wildschweine, Gämsen, Rehe und Kaninchen.
Kultur
Auch der Prokletije Nationalpark verfügt, trotz seiner Abgelegenheit, über ein reiches kulturelles und historisches Erbe. Ein Beweis dafür sind die zahlreichen historischen Gebäude, Moscheen, Relikte der traditionellen Volksarchitektur, sowie charakteristische Trachten, Volksmusik und Tänze, Folklore, Bräuche und das traditionelle Handwerk, das sich in und v.a. um den Park in den Dörfern und kleinen Gemeinden entwickelt und bis heute erhalten hat.
Wichtige Zeugen der prähistorischen Zeit sind die Zeichnungen “Wildjagd“, aus dem siebten Jahrhundert v. Chr., die in den Felsen gemeißelt auf dem Hügel Vezirova brada/Vizier im Grebaje Tal zu sehen sind. Daneben noch eine gravierte Steinplatte in Volušnica, genannt “Große Mutter“, die eine Szene zeigt, in der ein Mann und eine Frau gegen einen Wolf kämpfen, der im Begriff ist ihr Kind anzugreifen. Sie stammt aus der mittleren Bronzezeit (a. 600 v. Chr.).
Überreste von Siedlungen stammen aus der Altstein-, Kupfer- und Bronzezeit, der illyrischen Zeit und aus dem Römischen Reich. Reste sakraler Gebäude und Befestigungsanlagen stammen aus dem Mittelalter und zahlreiche Denkmäler mit orientalischen Zügen stammen aus der Zeit der Ottomanen-Herrschaft.
Etwas außerhalb des Parks gelegen aber dennoch sehr sehenswert, weil von großem architektonischen, künstlerischen und historischen Wert, sind die Alte Moschee aus dem 15. Jahrhundert, der Turm von Redžepagić, eine Kirche, die der Heiligen Dreifaltigkeit aus dem zwölften Jahrhundert gewidmet ist, die Wesir-Moschee aus dem achtzehnten Jahrhundert, der Balić-Turm und die Kirche von St. Georg.
Zur traditionellen Lebensform der Prokletije-Region gehören auch die Katuns (Almen). Sie bestehen üblicherweise aus mehreren Hütten, sogenannten “Wohnungen”, die aus Holz und Stein gebaut wurden und Ställen für das Vieh.
Tourismus
Visitor Centre
Das Besucherzentrum des Nationalparks Prokletije befindet sich in Gusinje, auf dem Weg zu den sehenswerten Quellen Alipaa/Alipasini izvori und dem Ropojana Tal. Im Info-Zentrum erhalten die Besucher alles, was sie für einen erlebnisreichen Parkbesuch brauchen, sowie Informationen zur Tier- und Pflanzenwelt, zur Kultur und zu Betätigungsmöglichkeiten im Park – allen voran den Wanderwegen. Der Prokletje Nationalpark wird vom inzwischen berühmten “Peaks of the Balkans” Fernwanderweg durchquert, weshalb man immer wieder auf Wanderer mit großen Rucksächen trifft.
Im Besucherzentrum gibt es auch einen Souvenirladen mit einer Auswahl an lokal handgefertigten Produkten.
Die Öffnungszeiten sind:
- während der Sommer-Saison an Wochentagen: 9:00 – 17:00 h
- Außerhalb der Sommersaison an Wochentagen: 8:00 – 16:00 Uhr
Wanderwege
Die Berggipfel des montenegrinischen Teils des Prokletije Gebirges schließen zwei beeindruckende Täler ein: das Grebaje- und das Ropojane-Tal. Hier befinden sich einige der interessantesten Sehenswürdigkeiten wie der kleine Ropojan See, die Oko Skakavica Quelle, der Grlje Canyon, verschiedene Wasserfälle und die oben schon erwähnten prähistorischen Zeichnungen. Ab dem Grebaje-Tal führen Wanderwege zu den Gipfeln von Volušnica, Popadija, Talijanka und einigen anderen Bergen.
Oberhalb des Ropojana-Tals erhebt sich der Berg Bjelić mit seinen drei Gipfeln: Zla kolata (Maja e keq) 2.534 m, Dobra kolata (Kollata e mire) 2.528 m und Maja Rosit (Rosulja) 2.525 m.ü.NN.
Die Nationalpark Verwaltung empfiehlt folgende Wanderwege:
Grebaje-Tal – Volušnica – Popadija – Trojan – Grebaja (Länge ca. 16 km in beide Richtungen, Wanderzeit: ca. 7h, einfach) – Der Weg führt am Naturschutzgebiet Volušnica vorbei, zu den Aussichtspunkten bei Volušnica und Grebaje, zu den Hängen von Popadija und Talijanka und führt weiter an Wasserfällen und prähistorischen Felszeichnungen in der Nähe des Ćafe (Qafa) und dem Trojan Tor vorbei.
Grebaje-Tal – Katun – Volušnica Popadija – Talijanka (Höhenunterschied: 897 m, Länge des Weges: 3 km zum Gipfel von Popadija; 4,4 km zum Gipfel Talijanka, Wanderzeit: 3 h zum Gipfel Popadija; 3 und 30h zum Gipfel Talijanka) – Entlang des Weges gibt es ein paar Quellen mit Trinkwasser: Suljova česma/Suljova-Brunnen am Anfang des Weges, ein Brunnen an der Berghütte “Branko Kotlajić”,und eine Quelle in dem verlassenen Katun Volušnica. Der Weg bietet außergewöhnliche Ausblicke auf das Prokletije-Massiv, auf den Trojaner, einen Wachturm, Wesir, Maja Karanfilit, Očnjak und Maja Rosit. Der Weg beginnt im Grebaje-Tal, schlängelt sich durch einen Wald bis zum verlassenen Katun Volušnica und führt dann als gut markierter Wanderweg zu einem markanten Kerbtal, weiter zum Popadija-Sattel und zum Gipfel von Popadija und von Popadija zum Talijanka-Kamm.
Babino polje – Bajrovića Katun – Hridsee – Wachturm Bjelaja– Tromeđa – Ćafa Bogićes – Babino polje (Länge ca. 18 km, Wanderzeit 7 h, Rundweg) – Der Weg führt durch Wälder und über Wiesen nach Hrid stanovi/flats und Bajrović Katuns, weiter zum Hridsko See und durch das Plav – Gusinje-Tal, von wo aus man die höchsten Gipfel von Prokletije sehen kann: Kolata, Jezerce und Djeravica, weiter zum Katun Dobrodalj nach Tromedje (hier treffen Montenegro, Albanien und der Kosovo zusammen) und Babino Polje. Wem das noch nichth reicht, der hat hier die Möglichkeit auf den Hrid Felsen / Karst und Bogićević Karst zu klettern.
Grebaje- Katun Popadija – Trojan – Trojanisches Tor (Länge: 20 km, Gesamtanstieg: 1436 m, Wanderzeit: 6-7h, einfach) – Der Weg beginnt bei dem Katun Grebaje und folgt später einer Schotterstraße zum Katun Popadija, wo es eine Trinkwasserquelle gibt. Vom Katun Popadija gibt es einen markierten Weg zum Trojaner, unterhalb liegt das Trojanische Tor – eine der herausragendsten Sehenswürdigkeiten des Parks. Der Trojan ist auch die Grenze zwischen Montenegro und Albanien. Die Grenzsteine wurden den ganzen Grat entlang gesetzt, daher kann man gleichzeitig in Albanien und Montenegro gehen.
Grebaje – Vezirova brada – Gipfel Podgoj 2021 m – Vezirova brada 1.781 m über dem Meeresspiegel (Länge: 11 km, Wanderzeit: 3-4h, einfach) – Der Weg beginnt erneut beim Katun Grebaje, folgt einer Schotterstraße zum Kerbtal Brada/Beard. An der Wegkreuzung entweder links halten zum Gipfel Vezirova brada, oder rechts zum Gipfel Podgoje. Die Gipfel bieten herrliche Aussichten auf Maja Karanfilit, Gusinje, Vusanje und Plav.
Radfahren
Ein Netz von Radwegen ist im Prokletije Nationalpark mit den gelben Standardschildern gekennzeichnet. Die Wege führen durch unbesiedeltes Berggelände und Wälder und können aufgrund der Höhenunterschiede und der rauen Wegeoberfläche sehr anstrengend sein. Daher immer genügend Wasser und Proviant für unterwegs mitnehmen.
Die Nationalpark Verwaltung empfiehlt folgende Radwege:
Plav – Mountain Memina – Hakanje – Plav (Länge 22 km, Gesamtanstieg 1010 m, Rundweg, Untergrund: Feldweg, Schotterstraße und Asphalt) – Der Weg führt an einem Katun mit seinen typischen Häusern aus Stein und Holz vorbei, zum Dorf Budovica, vorbei an einer Quelle durch den Wald und über Wiesen bis zu einem Katun am Berg Memina.
Gusinje – Ropojana Tal – Gusinje (Länge ca. 23 km in beide Richtungen, Gesamtanstieg 300 m, einfach, Asphalt und Schotterstraße) – Der Weg führt durch das Ropojana-Tal entlang den Flüssen Vruja und Grlje zum Dorf Vusanje, zum Grlje Wasserfall nach Oka Skakavica und dann zum Ropojan-See. Eine vergleichsweise leichte Radtour.
Plav – Hridsko See – Plav (Länge 50 km, Gesamtanstieg 1630 m, Rundweg, Schotterstraße 25 km, Asphalt 23 km, schlechter Feldweg 2 km) – Der Weg beginnt im Zentrum von Plav, überquert die Brücke von Plav, führt durch die kleinen Dörfern Korita und Komorac nach Babino Polje. Weiter zum Katun Bajramudra Sand und entlang der Hänge des Berges Bogićevići. Weiter geht es an einem tiefen Geländeeinschnitt unterhalb der steinernen Krone von Kra Bogićević vorbei und verläuft anschließend am ehemaligen Militärwachturm vorbei zum Hridsko See. Entlang des Weges gibt es mehrere Trinkwasserquellen. Trotzdem sollte man sich bei der Wasserversorgung gerade während der heißen Sommermonate nie ausschließlich auf die Trinkwasserquellen verlassen.
Klettern
In den Tälern von Ropojana und Grebaje gibt es zahlreiche technisch ausgestattete Kletterfelsen. Viele davon befinden sich im Nationalpark. Die Kletterfelsen sind vor allem für Anfänger und Genusskletterer gedacht.